Burg Schattenfang, Silberwald, in der Woche des 10. Gardejubiläums
Je länger Oryczy wieder zurück im Hauptquartier war, umso mehr übernahm sie ihre alten Aufgaben. Allerdings hatte sie anders als früher nun eine tatkräftige Unterstützung, welche Raum für etwas mehr Freizeit – und damit privater Angelegenheiten oder größerer Projekte ließ. Das erste dieser Projekte betraf die Quartiere der Offiziere – sowohl die Aufteilung, als auch den Schutz dieser.
Nachdem sie sich einen Überblick über die entsprechenden Räume verschafft hatte begann sie, sich mit Magiern der Garde zu beraten und einen Plan für eine Art Schallschutz zu entwickeln. Der Gedanke dazu kam ihr bei der Begegnung mit einem gewissen Geist. Der Schallschutz sollte in erster Linie Spione abwehren, sowohl jene aus den Reihen der Horde wie auch der Allianz – oder von Sylvanas selbst. Auch die Kommandantur mit ihren Schreibräumen und dem Beratungssaal würde eine angemessene Abschirmung erhalten, sodass von innen kein Ton nach außen drang, sehr wohl aber der Ton von draußen nach drinnen. Zufrieden ging sie die Skizzen der Grundrisse durch, während Maryka ganz in den Vorbereitungen zur Jubiläumsfeier aufging. Vorräte für ein rauschendes Fest wurden bestellt und teilweise auch von den Gardisten besorgt, und bald pirschten Vulpera geschickt über die Zinnen um die Dekoration zu befestigen.
Am Abend vor dem Fest geschah dann etwas, was Oryczys Situation erheblich beeinflussen sollte: Kommandantin Joephi schickte nach ihr. Kurz ging die Sin’dorei alle Möglichkeiten durch, die die Kommandantin von ihr wollen könnte. Die Vorbereitungen für den morgigen Tag waren abgeschlossen und die Pläne für die Schalldämpfung waren vom Rat abgesegnet worden. Abgesehen davon hatte sie sich nach außen hin absolut korrekt verhalten, wenn sie auch etwas kühl wirken mochte. Was konnte Joephi wollen? Die Tür schloss sich hinter den beiden, und dann geschah lange Zeit nichts.
Als sie sich wieder öffnete, war ein äußerst zufriedenes Lächeln auf Oryczys Lippen. Es wirkte dort fremd für jene, denen sie auf dem Weg in ihre enge Kammer begegnete, ein Gardist sprach sie sogar darauf an. Sie wies die Frage jedoch mit einem lapidaren Kopfschütteln ab und setze ihren Weg fort.
In den folgenden Tagen wurde eine schwere Truhe durch die Gänge der Burg transportiert, hinauf zu einem der Turmzimmer, welches einen sehr kurzen Weg zum Wehrgang hatte, wie auch einen kleineren Nebenraum, der rein als Schlafraum fungieren würde. Es gab sogar einen großzügig dimensionierten Kamin. Zudem war dieser Turm einer der ersten, deren Räume nun mit dem komplizierten Schallschutz-Zauber versehen wurden. Nach und nach würden alle besprochenen Räume in dieser Hinsicht nachgebessert werden.
In ihrem neuen Turmzimmer nahm Oryczy sich als erstes sehr gründlich alle Personalakten vor und brachte sich zunächst umfassend auf den neuesten Stand was die Mitglieder der Garde betraf. Die ein oder andere Notiz zu Wiederkehrern und Ablehnungen ließ sie die Stirn runzeln. Dann kamen die Verlustmeldungen und zum Schluss die Vermissten. Bei diesen fügte sie einen Vermerk sowie ein Schreiben der Kommandantin persönlich hinzu und ergänzte eine Notiz zur Rehabilitierung. Das Lächeln auf ihren Lippen dabei war sehr selbstzufrieden, allerdings hatte es auch einen harten, berechnenden Zug.
Zum Abschluss ihrer Arbeiten setzte sie einen Brief an die Sonnengleiter-Geschwister auf, um sie über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Dann lehnte sie sich zurück, sah vom Schreibtisch durch den Raum, erhob sich, und schürte das Feuer, um einen ausnehmend warmen Abend zu genießen.