• Shattrath, Unteres Viertel, Interimsquartier der Garde, 15. Tag im 1. Monat

    Zaghaft klopfte der Bote an die Tür der Ratskammer der Garde, in welcher er - wie üblich - die Versorgungsoffizierin vermutete. Hohl klang das Klopfen durch den Raum, welcher für eine Einzelperson großzügig war, für die Ratssitzungen jedoch zunehmend beengt wurde.
    "Herein!" klang die klare Stimme der Sin'dorei durch das Holz. Zügig die Tür geöffnet, das Schreiben auf ihrem Tisch abgelegt, und schon war der Bote wieder verschwunden. Neugierig griff Oryczy nach dem Papier, entfaltete es und fand - verfasst in der ihr bekannten Handschrift des Kommandanten - genau einen Satz: "Wir sind in OG". Keine Begrüßung, kein Abschied, nicht mal ein verdammter Punkt am Ende!
    "DAS IST DOCH WOHL NICHT SEIN ERNST?!" begann sie zu toben, laut genug dass es den Boten noch erreichte und dieser nun zwei Stufen auf einmal nehmend sein Heil im blitzschnellen Verlassen des Interimsquartiers von Sylvanas Garde suchte. Derweil bezwang Oryczy nur mit Mühe den aufkeimenden Drang, die Notiz in tausend kleine Stücke zu zerreißen, seufzte hörbar und ließ sich wieder auf ihren Stuhl fallen. Das Holz knarrte protestierend, trug ihr Gewicht jedoch - definitiv kein Stuhl für Tauren. Sekundenlang starrte sie auf einen der fein säuberlich aufgeschichteten Papierberge auf ihrem Schreibtisch und ließ dann den Kopf hängen.
    Keine Verlustmeldung. Keine wirkliche offizielle Statusmeldung. Keine Anforderung von Gütern jedweder Art. Nur ein lapidares "Wir sind da." Was sollte sie sich daraus bitte nehmen? "Wir sind da und unter Beschuss, verschanzt irgendwo, unser altes Quartier brennt und fällt gerade in sich zusammen"? Oder war das eher ein "Wir sind da, arbeiten mit Vol'jins Streitkräften zusammen und haben unser Quartier weitgehend eingenommen?"
    Unangenehm lebendig meldete sich ihre Vorstellungskraft zu Wort und spielte verschiedene Szenen durch, bis sie das Schreiben auf den Tisch pfefferte und eilig die Ratskammer verließ. Sie benötigte dringend frische Luft.

    ~~ Leben vor Tod! Stärke vor Schwäche! Reise vor Ziel! ~~ (Das erste Ideal der Strahlenden, Brandon Sanderson, Die Sturmlicht-Chroniken)

    2 Mal editiert, zuletzt von Isa (23. Januar 2014 um 10:48)

  • Östliche Königreiche, Insel der Sonnenwanderer, Schrein von Dath'Remar, 23. Tag im 3. Monat

    Der Moment in welchem die Priesterin – ihr bekannt als Tenebra – die Lichtkreis beschworen hatte, war tief in Oryczys Gedächtnis gebrannt. Die Einladung zur Lichtmesse hatte die Garde nur verzögert in Orgrimmar erreicht, dennoch war der Kommandant der Idee nicht abgeneigt, kurzfristig nach Silbermond zu reisen, um dann der Messe beiwohnen zu können. Von der Idee äußerst angetan, hatte Oryczy sich entschieden ihn zu begleiten, und einer spontanen Eingebung folgend hatte sie auch Cruenta von den Ältesten eine Nachricht zukommen lassen.

    Die Kleiderwahl war ihr dann seltsam leicht gefallen, denn anders als sonst hatte sie den Drang, eine helle Robe zu wählen. Leichter Stoff, ein lockerer heller Mantel, keine Waffen. Und so waren sie dann losgezogen, hatten den Nachmittag mit einer gemächlichen Anreise zum Schrein verbracht und spätestens mit Durchquerung der Tore von Silbermond und dem Eintritt in den Immersang konnte auch Oryczy aufatmen. Eine Spur Vorfreude war da, die für sie nicht ganz verständlich war, war ihr doch der Lichtglaube im eigentlichen Sinne nicht vertraut. Dennoch hallte in ihr eine altbekannte, warme Resonanz, die mit der Erinnerung an ein Heilritual vor einigen Jahren einher ging. Damals hatte sie gespürt was „Licht“ eigentlich bedeutete, und darin eine Wahrhaftigkeit erkannt, die sie tief beeindruckt hatte.

    Die Wirkung des frischen, in Rot und Gold getauchten Immersang tat sein übriges, um die Stimmung während des Ritts zu entspannen. Auch die Gegenwart einer Fremden, die sich später als Karui vorstellte, störte dies nicht. Beim Schrein angekommen waren sie dann zum ersten Mal seit Monaten wieder Tenebra begegnet, sah man einmal von dem flüchtigen Blick in der Pagode ab, welchen Oryczy mit der Priesterin getauscht hatte.
    Und dann hatte Tenebra zu sprechen begonnen, und alle – wirklich alle – waren in respektvollem Schweigen versunken. Kein lästiges Getuschel wie sonst, wenn so viele sich an einem Ort versammelten, keine bedeutungsschwangeren Gesten, kein Geraschel. Nur diese angenehme, klare Stimme, die von Hoffnung sprach, von Zukunft, von Zusammenhalt. Und dann war es als würde etwas Oryczys Seele berühren, sie bloß legen und in diese nahezu unerträgliche Helligkeit tauchen, schützend einhüllen und ganz ausfüllen. Was auch immer sie vermisste, was sie plagte, oder was ihr Sorgen bereitete wurde hinweggeschwemmt von gleißendem Licht. Ihre Wahrnehmung schränkte sich einzig auf dieses ein, der Schrein verschwand, die Zuhörer verschwanden, und auch Veneanar schien nicht länger neben ihr zu stehen. Dass sie mit geschlossenen Augen schwankend da gestanden hatte wurde ihr erst klar, als Cruenta ihren Arm ergriff um sie zu halten. Es war als hätte man ihr eine Ohrfeige versetzt und sie zurück auf den harten, kalten Boden der Realität gerissen, was sie im ersten Moment einfach nur unendlich verwirrt zurück ließ. Tief berührt und im Prinzip noch völlig neben sich stehend war sie dann nahezu willenlos ihren Begleitungen gefolgt, als diese sich zur Abreise bereit machten.

    Als sie so viel später endlich wieder allein in vertrauter Umgebung war, ließ sie die Messe noch einmal Revue passieren. Mit ungewohnter Klarheit war die Erinnerung in ihrem Kopf geblieben, und ein Hauch dieses warmen Gefühls begleitete die Bilder vor ihrem geistigen Auge. Es war wahrhaftig schön, aber in seiner unirdischen Art nur schwer greifbar für sie. Sich dieses Gefühl bewahrend schloss sie die Augen und schlief ein. In dieser Nacht gab es keine Träume, nur die erholsame Leichtigkeit des gleißenden Nichts.

    ~~ Leben vor Tod! Stärke vor Schwäche! Reise vor Ziel! ~~ (Das erste Ideal der Strahlenden, Brandon Sanderson, Die Sturmlicht-Chroniken)

  • 03. Tag im 10. Monat. Silbermond.

    "Ich danke euch vielmals." Mit einem Lächeln nahm Oryczy die paar Kupferstücke Rückgeld von der Gastwirtin entgegen und griff mit einer Hand nach der Tasse dampfendem Minztee, mit der anderen nach dem Teller mit dem gebratenen Streifengelbschwanzfilet. Das Stück Brot auf dem Tellerrand balancierend verließ sie das Gasthaus in Richtung des königlichen Marktes und ließ sich auf einer Bank nieder. Noch trug sie eine einfache, unauffällige Robe in gedecktem grün und einer Spur rot, doch schon bald würde sie auf ihrem kleinen Zimmer im Gasthaus in wesentlich prächtigeren, teuren Stoff schlüpfen. Dabei war ihr nicht die Spur zum feiern zu mute und der anstehenden Herbstball auf Burg Schattenfang inklusive der kurzen Reise dort hin war vielmehr eine Last als ein Vergnügen.
    Dennoch hatte sie der Einladung Riokumas zugesagt, wie so viele andere Mitglieder der Garde ebenfalls. Nicht nur dass derlei gesellschaftliche Anlässe von Gardisten selten waren, nein, Riokuma war als Hochexekutor in den Reihen der Garde auch hochrangig und entsprechend angesehen. Nicht zu kommen käme also einer Beleidigung gleich. Zudem lag ihr tatsächlich etwas an jenem Sin'dorei, der bisweilen die neuen Rekruten höchstpersönlich ausbildete und dabei eine mehr als gute Figur machte. Zudem würde sich womöglich die Gelegenheit ergeben, seine Partnerin Elin Wolfsoul etwas näher kennen zu lernen.

    Vorsichtig nippte sie an dem Tee und genoss sichtlich die Wärme, die dieser von ihrem Magen scheinbar in den gesamten Körper hin ausstrahlte. Die Luft war merklich kühler geworden und Oryczy ziemlich selbstzufrieden darüber, dass sie an einen dicken, wärmenden Umhang gedacht hatte. Dieser würde ihr sicher gute Dienste leisten. Leider war das der einzig positive Aspekt an ihrem Ausflug nach Silbermond. Abgesehen davon dass die Stadt ihr immer noch aufzulauern schien und sie wie stets ein ungutes Gefühl in diesen Straßen begleitete, war sie auch mit ihren Nachforschungen keinen Schritt weiter gekommen. Es gab einfach keine Spuren. Keine Hinweise. Während sie nachdenklich auf einem Stück Fisch herumkaute und einen Happen Brot hinzu nahm, glitt ihr Blick zu einem der Gebäude am Markt. Dort oben gab es eine ihr wohlbekannte Fensterreihe, und für einen Augenblick hielt sie beim Essen inne und ihr Blick wurde grimmiger. Es gab keine Spuren. Vielleicht nie mehr...

    Mit einem resignierenden Seufzen wandte sie sich wieder ihrem Tee zu und setzte ihr Mahl fort, ein stückweit gedankenverloren und vielleicht etwas einsam wirkend.

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  • (ehe der Post jetzt wirklich wochenlang verzögert wird verzichte ich mal auf die Screenshots und nehme mir vor die später noch einzufügen ^^)

    6. Tag im 11. Monat, Orgrimmar

    Wenn auch die Garde zumindest Teile ihrer Truppen auf die Verheerten Inseln entsandt hatte, so war doch der Hauptstützpunkt der Garde noch immer im Tal der Ehre in Orgrimmar. Als Teil dessen, eingebettet in die Tiefen der Bürokratie die auch Quartiermeister Eldrias Schattenjäger bisweilen so quälten, war auch der Schreibraum der Versorgungsoffizierin.

    Dieser war an jenem Tag jedoch nur mit seelenlosem Papier gefüllt und verwaist, da Oryczy sich der Stadtführung durch Orgrimmar angeschlossen hatte. Eigentlich geplant als Strafe für höchst unpassendes Verhalten gegenüber Trollen wurde diese Führung der Orkfrau Sindris zu einem wahrhaftigen Ereignis. Insbesondere die ursprünglich ortsfremden Rassen der Garde schlossen sich der Gruppe an und durchschritten gemeinsam die Stadt, gewürzt mit pfeffrigen Anmerkungen der Führerin.
    Oryczy selbst, zu Beginn noch etwas streitlustig und kritisch den Kommentaren zu einzelnen Ortschaften gegenüber, wurde dann doch stiller und interessierter an ihrer Umgebung. Es war nicht so, dass sie sich nicht in all den Jahren nach dem Auszug aus Burg Schattenfang an die staubigen Straßen Orgrimmars gewöhnt hatte. Vielmehr brachte die Führung sie an Ecken der Stadt, in die sie sich normalerweise niemals verlief.

    Manche davon waren besonders abstoßend wie die Slums der Goblins, wo allein schon das Wasser zum Himmel stank und niemand ahnte welche Giftstoffe sich dort bereits im Boden angereichert hatten. Auch das Trollviertel erregte eher ihre Skepsis. Sie war mit einigen Trollen bekannt und hatte dabei sehr gute wie auch sehr schlechte Erfahrungen gemacht, was sie Vorsicht gegenüber Angehörigen dieser Rasse gelehrt hatte.
    Das Tal der Weisheit stand hierzu in krassem Gegensatz. Es waren nicht nur die Bewohner dieses Tals, die Tauren, die ihr als prinzipiell eher friedliebend bekannt waren, sah man einmal von gewissen Brülltauren namens Bradoc ab. Nein, auch die Umgebung, das klare Wasser, das einlullende Geräusch des Wasserfalls hatte es ihr spontan angetan. Sie entschied unter der Impression dieses Moments, künftig häufiger her zu kommen und tat für sich persönlich die Führung als einen Erfolg ab.

    Am Endpunkt angekommen regte sie zudem weitere Stadtführungen an, wobei verschiedenen Verlautbarungen nach Unterstadt das nächste Ziel sein sollte. Auch wenn sich die Dunkle Fürstin dieser Tage mehr den Verheerten Inseln widmete, so gab es doch bisweilen organisatorische Dinge mit anderen Großexekutoren abzuklären oder hinterlegte Befehle persönlich entgegen zu nehmen. Insofern lag es nahe, eine Gesandtschaft nach Unterstadt zu schicken und im Rahmen dieses Besuchs eine kleine Führung zu veranstalten.
    Den Kopf bereits voll mit Reisevorbereitungen verabschiedete sich die Sin’Dorei von der sich auflösenden Gruppe und strebte erneut dem Moloch ihres Schreibraums entgegen, während andernorts Gardisten die letzten Handgriffe vor einer weiteren Schlacht taten.

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  • Oryczy, derzeit mit einem feuersprühenden Hippogryphen aus den Feuerlanden unterwegs, trifft in Dalaran auf den verheerten Inseln auf Frostya, die ebenfalls ein solches Tier als Reittier benutzt - jedoch in einer sonderbaren violetten Farbe.

    [20:18] Ihr mustert Frostya von oben bis unten.

    [20:19] Frostya kichert Euch belustigt an.

    [20:19] [S] [Oryczy]: Ein edles Tier habt ihr da.

    [20:19] [S] [Frostya]: Es flog mir in Aszuna zu und wollte nicht mehr weichen

    [20:20] [S] [Frostya]: Aber Eures ist auch edel

    [20:20] Oryczy betrachtet die Federn von Frostya s Hippogryph und neigt den Kopf etwas nach unten, um auch einen Blick auf den Bauch des Tiers zu erhaschen.

    [20:20] [S] [Oryczy]: In Aszuna meint ihr? Ich habe schon davon gehört, dass diese violette Spielart dort zu finden ist, jedoch recht rar sein soll.

    [20:21] Oryczy neigt den Kopf und lächelt kurz ob des Kompliments für ihr Tier.

    [20:21] Frostya lächelt Euch an.

    [20:21] [S] [Oryczy]: Seid ihr bewandert mit dem Vorkommen der Hippogryphen in diesen grünen Landen?

    [20:22] Oryczy wirkt nun etwas nachdenklich

    [20:22] [S] [Frostya]: Um den Hippogryphen zu Gesicht zu bekommen, bedarf es des FIndens vom 5 Kristallen

    [20:22] Oryczy blinzelt kurz

    [20:22] [S] [Oryczy]: Fünf Kristalle meint ihr?

    [20:22] Frostya nickt Euch zu.

    [20:22] [S] [Oryczy]: Dann sind diese Wesen womöglich gar nicht so selten wie man ihnen nachsagt.

    [20:23] Oryczy 's Augen werden schmal

    [20:23] [S] [Oryczy]: Die Fürstin hat dafür sicher Verwendung im Eschental..

    [20:23] [S] [Oryczy]: Mit etwas Tarnung....

    [20:23] [S] [Frostya]: Das ist wahr

    [20:23] Oryczy 's Stimme wird zunehmend leiser, ihre Züge sind hochkonzentriert.

    [20:23] [S] [Oryczy]: Ich denke ich werde das mit dem Kommandanten besprechen.

    [20:24] Frostya grüßt Euch voller Respekt.

    [20:24] [S] [Oryczy]: Die Frage ist nur, wie man die Tiere wohlbehalten transportieren kann...

    [20:24] [S] [Oryczy]: Ihr wisst nicht zufällig, wie sie auf Portalreisen reagieren?

    [20:24] [S] [Frostya]: Die einzige Möglichkeit die Tiere unbeschadet zu transportieren wären Magierportale

    [20:24] [S] [Oryczy]: Sie sind recht groß, aber nicht so groß wie.. *murmelt vor sich hin*

    [20:25] Oryczy nickt Frostya beipflichtend zu

    [20:25] [S] [Frostya]: Bisher habe ich keine negativen Auswirkungen feststellen können

    [20:25] [S] [Oryczy]: Wir sollten das mit unserem Magierzirkel besprechen. Wir brauchen ein großes Portal - und ein Versuchstier.

    [20:25] Frostya nickt Euch zu.

    [20:26] [S] [Oryczy]: Sehr gut, Todespirscherin... Ihr habt mich da auf wahrlich sehr gute Gedanken gebracht!

    [20:27] [S] [Frostya]: Zu Befehl, Hochexekutorin

    [20:28] Oryczy streicht sanft durch die Funken schlagenden Feder ihres eigenen Tieres

    [20:28] [S] [Oryczy]: Ich werde umgehend Schreiben hierfür aufsetzen. Bitte entschuldigt mich.

    [20:28] Ihr grüßt Frostya voller Respekt.

    [20:29] Oryczy zieht sacht an den Zügeln ihres Hippogryphen, woraufhin dieser die Flügel ausbreitet. Die Funken sprühen förmlich, sind jedoch mit einem schwachen magischen Schimmer umgeben, sodass die Umgebung nicht in Brand geraten kann.

    [20:29] [S] [Oryczy]: Auf bald!

    [20:29] Frostya grüßt Euch voller Respekt.

    [20:29] Frostya winkt Euch zu


    Kurz darauf erreicht den Kommandanten ein Schreiben:

    ~~ Leben vor Tod! Stärke vor Schwäche! Reise vor Ziel! ~~ (Das erste Ideal der Strahlenden, Brandon Sanderson, Die Sturmlicht-Chroniken)

  • Orgrimmar, im 8. Monat

    "Und so brennt der Himmel erneut. Und mit ihm brennt das Land, brennen Pflanzen und Tiere, brennt Leben. Hörst du ihr Ächzen und Stöhnen? Hörst du die Schreie, wie sie zu einem Klagelied verschmelzen..? Funken ziehen zu den Sternen hinauf, zeichnen Bilder des Verfalls an das Dach der Welt, ein jeder von ihnen eine weichende Seele. Ein Splitterstück Licht, wieder mit allem vereint und vom Fleisch befreit. Geschmolzen ist es von den Knochen, die ihr bleich und knackend in der Asche liegend finden werdet..."


    Schweißgebadet fuhr Oryczy aus dem Schlaf. Die Wärme war drückend, die Luft roch nach dem roten Staub von Orgrimmar und Zwielicht sickerte durch das Fenster in ihre Kammer. Wie eine zähe schwarze Masse klebte die Erinnerung an die Traumworte in ihrem Kopf. Die Stimme war ihr gänzlich unbekannt, aber das Bild welches sie vermittelte war überdeutlich: der Baum brannte...

    ~~ Leben vor Tod! Stärke vor Schwäche! Reise vor Ziel! ~~ (Das erste Ideal der Strahlenden, Brandon Sanderson, Die Sturmlicht-Chroniken)

  • Orgrimmar, 15. Tag des 8. Monats

    Gab es in Azeroth jemals eine Zeit ohne Krieg? Nein, musste sie sich eingestehen. Und doch war es so, dass manche Zeiten einfach.. friedlicher erschienen als andere. Weniger Frontberichte, weniger Verlustmeldungen, weniger Ressourcen die hin und her transportiert werden mussten. Mehr Entdeckung und Forschung, gewürzt mit einer Spur archäologischer Befunde. Weniger erschreckende Nachrichten.

    Die letzten Tage waren jedoch gänzlich anders. Sie waren erfüllt von stets neuem Grauen, und selten hatte sie sich so sehr im Krieg gefühlt wie derzeit. Die halbe Welt schien sich gegen die Horde gestellt zu haben, und jedes Leben wirkte seltsam... im Ungleichgewicht, seit jene monströse Waffe ganz Silithus zu einer schwärenden Wunde hatte werden lassen.

    Die Sin'Dorei brach das nächste Siegel, die Botschaft stammte aus Unterstadt. Sie wusste was geschehen war, die Ereignisse waren von Zungen schneller voran getragen worden als papierne Berichte weitergereicht werden konnten. Und so war nicht überraschend was sie lesen musste, als sie das knisternde Blatt entrollte. Die Stadt ist verloren. Für immer.

    Wie betäubt ließ die Versorgungsoffizierin ihren Rücken an die Stuhllehne sinken und wirkte plötzlich irgendwie.. kleiner. Zierlicher, schmaler, fast zerbrechlich.

    Teldrassil gegen Unterstadt. Es war kein Tausch - es war Vernichtung, Vergeltung, eine Abwärtsspirale hinein in eine Pfuhl aus Gewalt und Tod. Ihr Blick glitt ins Leere, ihre Augen wurden dunkler, als hätte sich ein Schatten darüber gelegt. Gab es in alldem noch einen Sinn? Kommandant Veneanar mochte eine große Ansprache gehalten haben, gut gefüllt mit plausiblen Erklärungen für all das. Und die Gardisten hatten ihm zugejubelt, angespornt und neu beseelt von dem Gedanken an Rache, dem Wunsch nach der Vernichtung der Allianz. Oryczy war still geblieben. Sie hatte irgendwo zwischen den anderen Exekutoren der Garde gestanden, eine schlanke Elfe in unscheinbarem Stoff, deren Augen nichts als goldene Unergründlichkeit gewesen waren.

    Dies war jetzt anders. Sie empfand Trauer, und diese Emotion spiegelte sich überdeutlich in ihrer Mimik.

    Mit der ihr eigenen Sorgfalt erledigte sie den Papierkrieg, der sich seit dem Morgen auf ihrem Tisch gestapelt hatte. In den nächsten Tagen änderte sich jedoch etwas an ihrem Verhalten - sie war nicht länger allein. Eine Todespirscherin begleitete sie hierhin und dort hin, und die beiden schienen in ständigem Gespräch miteinander zu stehen, was im allgemeinen Chaos um die Rekrutierung der Goldenen Flotte für den Kampf gegen die Allianz jedoch kaum auffiel. Die Gardisten wurden zu Hauf gen Zandalar entsandt, und es wurde stiller und stiller im Hauptquartier...

    ~~ Leben vor Tod! Stärke vor Schwäche! Reise vor Ziel! ~~ (Das erste Ideal der Strahlenden, Brandon Sanderson, Die Sturmlicht-Chroniken)

  • Orgrimmar, 25. Tag im 10. Monat

    Oryczy warf einen nachdenklichen Blick in ihre Kammer. Die Räumlichkeiten im Hauptquartier von Orgrimmar waren schon immer spartanisch gewesen, ganz nach Art der Orks. Dennoch hatte sie es geschafft, dem Raum einen gewissen Stempel aufzudrücken. Ihren. Er wirkte wie der Raum einer Frau, zudem aber auch übermäßig ordentlich, frei von der Schicht dünnen roten Staubs der in der Hauptstadt der Horde immer in der Luft lag. Dies war ihre Refugium gewesen. Jetzt war der Raum leer. Alles was sie nicht mitnehmen wollte war eingelagert worden und würde vermutlich nie von jemandem ohne ihre Hilfe gefunden werden. Sie war schließlich Versorgungsoffizierin von Sylvanas Garde, und damit lange für genau diesen Bereich verantwortlich. Jetzt würde er in den pelzigen Händen einer Pandarin liegen, die sie nun mehrere Wochen begleitet hatte und nach und nach die Bereiche ihrer vielfältigen Aufgaben kennen gelernt hatte.


    Diese Dame war auch dafür verantwortlich, dass sich Oryczys Pläne noch einmal geändert hatten. War sie in Gedanken lange in ihre Hütte in Winterquell zurück gekehrt, so hatte sich dies inzwischen geändert. Winterquell war frostig, und die Hütte mit ihrem Kamin damit ein ausgesprochen anheimelnder Rückzugsort voller glücklicher, zweisamer Erinnerungen. Ebenfalls ein Refugium, so wie es ihre Kammer gewesen war. Jedoch war Winterquell einfach unfassbar kalt, und die Hütte ausgesprochen klein. Erst die Gespräche mit der Pandarin hatten sie darauf gebracht, was sie wirklich wollte. Luft zum Atmen. Weite Hügel. Saftiges Grün. Und die Ruhe und Ausgeglichenheit, die ein integraler Bestandteil der pandarischen Kultur war. Darum würde ihr Ziel nicht die Enge und Kälte von Winterquell sein, sondern die ruhige Abgeschiedenheit des Jadewalds. Sie wollte zurück zu dieser Wegkreuzung, an der sie einst eine schicksalhafte Begegnung hatte. Sie würde allein sein - natürlich - aber in ihren eigenen Spuren wandeln und damit ein Stück in der Zeit zurück gehen und über den Moment nachdenken, an welchem sie falsch abgebogen war. Wohnen wollte sie an jenem Ort, der einem das Frückstück unter freiem Himmel ermöglichte. Ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen bei dem Gedanken an diesen Flecken von Azeroth und die damit verwobenen Erinnerungen. Sie strich sacht über ihre Reisetasche, in welcher die schriftliche Zusage hierfür verstaut war. Der Kommandantur hatte sie ein Schreiben hinterlassen, nur für den Fall dass ihre Abwesenheit tatsächlich auffallen sollte. Würde sie aber nicht - die Pandarin war inzwischen eine würdige Offizierin und die Berührungspunkte mit der Kommandantur ohnehin nur minimal.


    Sie schloss die Tür, und das Geräusch des einrastenden Schlosses kam ihr unwirklich laut vor. Das letzte Mal? Vielleicht, vielleicht... entschlossenen Schrittes durchmaß sie das Hauptquartier in der Halle der Kriegshelden, besuchte kurz die wenigen Schlachtenheiler die noch im Quartier waren und mit denen sie viel zu tun hatte. Dann führte sie ihr Weg zu Sasoi, einer Verlassenen die ihr eine Art Freundin geworden war und ihr einmal sehr geholfen hatte. Einige Abschiede später trat sie hinaus in die nachmittägliche Sonne und mit jedem Schritt fort wurde ihr leichter und zugleich schwerer ums Herz. Hinaus aus der Stadt, hin zur Messerbucht. Hinaus auf die Wellen, den Wind in den Segeln, der Pfad führte gen Pandaria.

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  • Jadewald, 23. Tag im 4. Monat

    Tief sog sie den Duft von blühenden Bäumen, Gräsern und lauwarmen Wind in ihre Lungen, genoss das Aroma, die leichte, plätschernde Geräuschkulisse und lehnte sich nach hinten ins Gras. Der Himmel war unfassbar blau und das intensive Gefühl von Frieden hüllte sie ein wie ein Kokon. Vorsichtig streckte sie die Finger aus, scheuchte einen Grashüpfer auf und lächelte darüber versonnen. Wer sie sah würde trotz des intensiven Sonnenlichts einen leichten, hellen Schimmer auf ihrer Haut wahrnehmen, der ihr selbst nicht einmal bewusst war. Die Ausgeglichenheit ihrer Seele und das Loslassen so vieler negativer Emotionen hatte sie dem Licht auf eine Weise nahe gebracht, wie es sonst nur strenge Ausbildung oder die pure Notwendigkeit des Krieges getan hätten.

    Seit ihrer Ankunft in Pandaria und einem etwas holprigen Start war sie nach und nach ankommen in diesem Land - zum ersten Mal nicht als Besucherin, oder im Auftrag von Sylvanas Garde, sondern als... Bewohnerin. Sie hatte sich in die Gemeinschaft eingegliedert, Aufgaben übernommen die ihr lagen und ihr Freude bereiteten, sowie diverse andere einfache Tätigkeiten hinzu gelernt. So war sie zu einer versierten Anglerin geworden, hatte sich mit der einheimischen Flora und Fauna vertraut gemacht und eine zeitlang eine Alchemistin begleitet, um etwas mehr über Kräuter und deren Wirkung zu lernen. Die tatsächliche Zubereitung von Tränken jedoch war ihr schnell zu viel geworden, ein komplexes Wirrwarr aus Destillationsanlagen, Vorrichtungen zum Abtrennen von Niederschlägen, Extraktionen und Mazerationen. Viel einfacher fiel ihr die Zubereitung von Essen, wobei ihre fast kindliche Freude an Aromen und Geschmacksnoten die Pandaren der Gemeinschaft begeisterte. Essen war für dieses Volk essenziell für ein ausgeglichenes Leben - ein Umstand den sie nie begriffen hatte, ehe sie ihn zu leben begann.

    Bisweilen schwappten Nachrichten von Kul Tiras oder Zandalar nach Pandaria, jedoch waren diese für sie so unwirklich wie Geschichten, und der Ort des Geschehens so fern wie Draenor. Kein Mitglied der Gemeinschaft strahlte deswegen Sorge oder Angst aus, vielmehr war da eine Art Urvertrauen darin, dass sich alles fügen würde - auf die eine oder die andere Art und Weise. Genau dies hatte sie sich ebenfalls zu eigen gemacht, sich distanziert von allem was "dort draußen" geschah und ihre Welt verkleinert. Für den Augenblick sogar nur auf diesen Flecken saftigen Grases, gleich neben dem von Schmetterlingen umflatterten Weiher. Ein Ort des Lichts...

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  • Jadewald, 2. Tag im 6. Monat

    "Ori, Ori!" krähte die junge Pandarin fröhlich vor sich hin und stolperte fast über ihre Tatzen in dem Versuch, noch schneller die Treppen hinauf zu nehmen. Normalerweise hatten junge Pandaren auch in diesem Alter schon Rücksicht gelernt, wenn jemand im Schneidersitz meditierend dasaß, doch in diesem Falle war den Kind ein wichtiger Brief anvertraut worden, den sie dringend ausliefern wollte. Ihr Ziel war eine Blutelfe in weiten, dünnen Gewändern, welche luftig um ihren schmalen Körper flossen und hier und da Spiel des Windes waren.

    Mit ihrem Namen angesprochen blinzelte die Sin'Dorei, kämpfte sich zurück ins Hier und Jetzt und wandte sich zu dem Kind um. Die Kleine war schnaufend und gleichzeitig strahlend auf der obersten Stufe angekommen und wedelte mit dem Papier, in dessen Ecke sich die kleinen Krallen inzwischen verfangen hatten. "Da ist ein Brief für dich!" verkündete das Mädchen stolz, und Oryczy konnte nicht anders als dieses Lächeln erwidern.

    "Na dann gib mal her und wir schauen, was darin steht, ja?" erklang die warme Stimme der Elfe. Sie klopfte auf das Gras neben sich und zupfte das Papier aus der kleinen Tatze. Die Kleine klatschte nun erwartungsvoll in die Hände und zuckte mit den Ohren. Als die Elfe das Siegel des Briefes sah, gefror das Lächeln auf ihren Lippen. Sylvanas Garde. Die Post stammte aus Orgrimmar. Sie zerbrach das Wachs und entrollte das Pergament, aber sah im ersten Moment nur verschwommene Zeilen. Dann wurde die Schrift vor ihrem Auge scharf:

    "Hochexekutorin..."

    Allein die Anrede sandte einen frostigen Schauer über ihren Rücken. Sie war nie offiziell zurückgetreten, sondern hatte ihre Aufgaben halb unter dem Radar der Kommandantur an Maryka übergeben und war abgereist. Dennoch sträubte sich alles in ihr gegen diese Anrede...

    "... Der Kriegshäuptling der Horde - Sylvanas Windläufer - hat sich nach einer Konfrontation vor den Toren Orgrimmars zurückgezogen. Ebenso gilt Kommandant Veneanar als vermisst. Die Leitung von Sylvanas Garde wurde umstrukturiert und es steht ein Umzug nach Burg Schattenfang an. Bitte richtet etwaigen künftigen schriftlichen Kontakt an unseren Standort im Silberwald."

    So nüchtern, so effizient.. im Stillen beglückwünschte sie sich für die Wahl ihrer Nachfolgerin, welche im unteren Teil des Briefes - deutlich kleiner geschrieben - auch noch persönliche Worte verfasst hatte:

    "Ich habe schon eine Weile nichts mehr von meiner Familie gehört und bin besorgt, da die Unruhen im Tal der Ewigen Blüten anhalten. Könntet Ihr nach Ihnen sehen und Ihnen die herzlichsten Grüße von mir übersenden? Gebt gut auf Euch acht, ich habe die Lage hier hervorragend im Griff. Der Silberwald wird ein ganz neuer und noch dazu sehr geschichtsträchtiger Ort für mich, den kennen zulernen ich sehr gespannt bin."

    Etwas roh wurde die Elfe in die Seite gepufft. "Was steht denn nun drin??" Aufgeregt rückte die kleine Pandarin näher, konnte jedoch noch nicht selbst lesen.

    Oryczy rollte das Pergament wieder ein, legte es neben sich und presste es mit der Hand platt, sodass das Papier knisterte. "Das ist nichts für deine Ohren, fürchte ich." Erwiderte die Elfe nun, zupfte mit der freien Hand an einem der flauschigen Ohren des Mädchens und machte sich gedanklich frei von dem eben Gelesenen. "Aber ich erzähle dir gern eine andere Geschichte..."

    Und so saßen sie dort, zu zweit, mit Blick auf den saftig grünen Jadewald, während Herrscher sich erhoben, Prinzessinnen geraubt wurden, und eine kühne Frau einen Drachen ritt.

    Das Pergament wurde inzwischen durch den engen Bodenkontakt langsam feucht und weich, während die Zeilen zunehmend verschwammen...

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  • Jadewald, 2. Tag im 10. Monat

    Trotz des keineswegs hochwertigen Papiers war dieser Brief sorgsam gefalten, gesiegelt, abermals gefalten und mit weiteren Wachssiegeln versehen worden. Das Symbol im Siegelwachs ähnelte einer unsauber zugeschnittenen stilisierten Schneeflocke, gehört jedoch zu keiner bekannten Gemeinschaft oder einem Adelshaus. Vermutlich würde man es einer niederen, wenig gründlichen Person zuordnen. An einer Ecke prangte ein rostbrauner Fleck, der von feinen Sprenkeln umgeben war – Blut? In wessen Händen dieser Brief landen würde lag gänzlich beim Übermittler.

    Wer auch immer ihn öffnete, würde scheinbar zusammenklebende Seiten vorfinden, welche nahezu verschmolzen wirkten und damit absolut unleserlich waren – durch die Einflüsse einer turbulenten Reise? Nur Magiekundige konnten das dritte Siegel erkennen, welches sich mit Herz und Verstand lösen ließ.

    Der dann – vielleicht niemals – enthüllte Inhalt zeigte eine kalligrafische Schrift, die verriet, dass zur Anfertigung ganz erheblicher Zeitaufwand betrieben worden war.

    Spoiler anzeigen

    Geliebter,

    Meine Vertreterin Mary mag es gut gemeint haben, als sie mich über den Umzug der Gemeinschaft zurück auf die Burg informierte, jedoch stellt sich nun nach und nach heraus, dass es mich gänzlich aus dem mühsam errungenen Gleichgewicht bringt. Zum einen, weil ich den Grund des Umzugs inzwischen erfahren habe. Der Jadewald mag ein abgeschiedener Ort der Ruhe und Meditation sein, doch für derlei Umstände nicht abgeschieden genug.

    Ich schätze, kein Ort auf Azeroth ist abgeschieden genug dafür. Außer vielleicht der deine…

    Ich habe ein sehr ungutes Gefühl die Gemeinschaft betreffend. Vielleicht ist es die Distanz, die ich inzwischen zu dieser Gruppe stolzer Kämpfer aufgebaut habe, die mich nun in dieses Denken treibt. Lange habe ich die Listen der Mitglieder gepflegt, die neuen Rekruten, die im Kampf gefallenen. Man stumpft ab mit der Zeit, und entfremdet sich von ihnen, bis sie nur noch Namen auf Papier sind.

    Eure Namen war es nie. Eure Namen waren immer scharfe Klingen, die sanft das Herz liebkosen. Und nie gab es Gewissheit. Ich dachte, ich habe meinen Frieden damit gemacht. Nun stelle ich fest, dass aus dem kleinen Strudel ein reißendes Loch geworden ist, und ich mich ruhelos herumtreibe. Ich habe mir von Mary den Kontakt zu einem Mann vermitteln lassen, welcher Unsummen verlangt, aber vielleicht das Unmögliche möglich macht. In seinen Händen werden diese Zeilen liegen, auch wenn ich dafür ein Refugium in Winterquell aufgeben musste.

    Du bist unvergessen.

    O.

    ~~ Leben vor Tod! Stärke vor Schwäche! Reise vor Ziel! ~~ (Das erste Ideal der Strahlenden, Brandon Sanderson, Die Sturmlicht-Chroniken)

  • Dalaran

    Dalaran… Dalaran war für sie eine durch und durch magische Stadt. Gern erinnerte sie sich an die Zeit, als die Garde hier einen Außenposten unterhalten hatte. Man war im Zauberkasten ein und aus gegangen, hatte sich kennengelernt, hatte gefeiert und gelacht. Und natürlich auch Einsätze durchgeführt, aber diese waren verblasst. Unwichtig. Wichtig waren die Begegnungen, insbesondere jene, die ihre Spuren bis ins Jetzt zogen.

    Gewissermaßen war Dalaran für sie eine bessere Version von Silbermond. Aufgeräumt, sauber, elegant und durch und durch das, was sie als „schön und ästhetisch“ empfand. Nur eben ohne dieses dräuende Gefühl, welches sie stets durch Silbermond begleitete und sie diese Stadt meiden ließ, wo immer das möglich war.

    Das Verlassen ihrer Ruheinsel hatte sie ein weiteres Mal aus dem Gleichgewicht gebracht, und die Tastsache, dass sie nicht auf direktem Wege nach Schattenfang gereist war sprach ganz für sich. Stattdessen befand sie sich abermals in ihren eigenen Fußstapfen, gewissermaßen auf der Jagd nach Erinnerungen.

    _____

    Die Sin’dorei ließ ihren Blick über die Kuppeln der Stadt schweifen. Eigentlich hätte es die oberste Plattform in Dalaran sein müssen, aber sie hatte sich seltsam danach gesehnt, all die verschiedene Türme noch im Detail erkennen zu können, weshalb sie einen etwas niedriger liegenden Standort gewählt hatte. Hinter ihr, in der Mitte des Daches, schwang der magische Teppich der sie in so luftige Höhe befördert hatte in sanften Wellenbewegungen knapp über der rauen Oberfläche auf der Stelle. Sie hatte die Stiefel ausgezogen und war mit nackten Füßen über die Schindeln balanciert, bis nach vorn, an die Kante.

    Der kurze Blick hinab brachte ein sehr mulmiges Gefühl im Bauch, gepaart mit dem dringenden Bedürfnis, sich irgendwo festzuhalten. Der Boden unter ihr war nur eine Andeutung, und mit viel Konzentration konnte sie dort Wachen sehen, welche ihrer Wege zogen. Es war die Zeit der Dämmerung, und das geschäftige Treiben ebbte nach und nach ab. Sie schob die Beine über den Rand und sog den Anblick in sich auf. Magenta, Violett, gleißendes Weiß. Dazwischen in warmen Gold die ersten Beleuchtungen. Die Erinnerung schlich sich auf leisen Sohlen an, und sie wehrte sich nicht, als die Bilder vor ihrem inneren Auge klarer wurden.

    Die Zeit schien langsamer zu laufen je tiefer sie abtauchte. Irgendwann verschwand der leichte kühle Windhauch von ihrer Haut, wurde durch Wärme ersetzt, während sie nach und nach ihre Umgebung ausblendete und sich der Schönheit ergab. Minuten zerrannen zu Stunden, das Violett der Stadt wurde zu einem dunklen Lila, gespickt mit hellen Lichtpunkten. Als Geräuschkulisse gab es nur den Wind, und die feinen Wellen des Teppichs, welcher klang als hätte man ein Kleidungsstück zum Trocknen aufgehängt.

    Irgendwann ließ sie sich nach hinten fallen. Ihr Rücken traf sanft auf die Schindeln des Daches, die nackten Füße baumelten über dem Abgrund. Die Arme breitete sie dabei aus, als hätte sie Flügel, deren Federn sie strecken wollte. Dalaran entzog sich ihrem Auge, da waren nun nur noch Wolken. Ein träges Dahinziehen, welches, völlig egal was sie tat oder nicht tat, einfach immer so weitergehen würde, so wie Azeroth weiter existierte, unabhängig von ihr…

    Der Wirbel der Erinnerungen legte sich langsam in ihrem Kopf und hinterließ… Frieden. Ein Frieden, in welchem die so notwendige Atemzüge die sie tat fast zum Störfaktor wurden. Und je mehr sie dies störte, umso deutlicher wurde das Locken. Zuerst war es nur eine Randerscheinung gewesen, kaum der Wahrnehmung wert neben der süßen Stille ihrer Gedanken. Allerdings wuchs es, rankte sich erst vorsichtig tastend um ihren Leib, ehe es drängend wurde. Ihr eben noch so ruhiger Atem wurde tiefer, als könnte sie es ausatmen, aber es blieb dort, bis sie nicht mehr still liegen bleiben konnte. Sie stützte sich auf die Ellenbogen hoch, blinzelte, und richtete sich dann gänzlich zum Stehen auf.

    Der Abgrund gähnte neben ihr und… sang. Und sie tat diesen einen letzten Schritt und wurde.. schwerelos, fiel durch sich selbst, legte den Kopf in den Nacken und konnte sehen, was sie von sich zurück ließ, während das Geräusch des Windes in ihre Ohren biss. Wieder dehnte sich die Zeit, während ihr Körper von irrwitzigen Mengen Adrenalin geflutet wurde, sich ihre Sinne übermäßig schärften und Nebel wie auch Frieden mit einem Wisch aus ihrem Verstand getilgt wurde.

    Eine Stadtwache sah zufällig nach oben, riss erschrocken die Augen auf, stieß gepresst ein „Was zum…?“ hervor und streckte die Hände in Richtung der fallenden Sin’dorei. Das Knistern von Magie peitsche durch die Luft und griff nach ihr. Ein harter Ruck ging durch den schlanken Leib, dessen Geschwindigkeit so abrupt vor dem Boden gebremst wurde, ehe er sanft schwebend mit den nackten Zehenspitzen zuerst in der Weichheit des magischen Teppichs versank. Dieser hatte nur Augenblicke zuvor eine Art Notfallsicherung aktiviert und sich unter der Mieterin platziert, um sie aufzufangen. Aufgeregt verfiel die Stadtwache in einen Laufschritt auf die Elfe zu und alarmierte gleich noch zwei weitere.

    Langsam öffnete die Sin’dorei die Augen, griff mit ungelenken, automatisierten Bewegungen nach ihren Schuhen und zog diese ruppig an. Dann sah sie die herannahenden Wachen und folgte blindlings einem Fluchtinstinkt. „Wie ist Euer Name?“ rief man ihr schon fordernd entgegen, während sie sich abwandte und den Teppich in die engen Gassen der Stadt steuerte. Die kleine Verfolgungsjagd endete, als sie sich kurzerhand entschied vom Teppich zu springen und in einem der vielen Schlupfwinkel zu verschwinden, die in die Kanalisation der Stadt führten. Sie hatte bis zu diesem Moment nicht einen einzigen klaren Gedanken gefasst, verschmolz nun mit der vollkommenen Dunkelheit der Unterwelt und verschwand…


    ____

    ( Nurya

    Aus der Tiefe drang herauf

    Einer Melodien Lauf

    Ein Lied, wie ich es vorher hörte nie

    Die Musik ein sanftes Ziehen

    Und ich wollte niederknien

    In der Tiefe, in der Tiefe sangen sie

    ;)

    Jiastanna

    Danke für den Teppich! Wirst du die Klinge sein?

    @ L.

    Die Wolken sind von dir..

    Leben vor Tod.

    Nachtrag: Tenebra)

    ~~ Leben vor Tod! Stärke vor Schwäche! Reise vor Ziel! ~~ (Das erste Ideal der Strahlenden, Brandon Sanderson, Die Sturmlicht-Chroniken)

  • Klingen werden gezückt...

    Seeping crest of turbidity. Arrogant vessel of lunacy! Boil forth and deny! Grow numb and flicker! Disrupt sleep! Crawling queen of iron! Eternally self-destructing doll of mud! Unite! Repulse! Fill with soil and know your own powerlessness!

    Einmal editiert, zuletzt von Jiastanna (19. Oktober 2020 um 19:29)

  • Als die Klinge sich von ihrer Kehle löste, atmete sie dennoch nicht. Auch der fehlende Druck um ihre Brust ließ sie nicht Luft holen. Sie war wie zur Salzsäule erstarrt, und erst als die Notwendigkeit von Atem zu einem unerträglichen Vakuum in ihren Lungen wurde und ein einzelner, warmer Blutstropfen die Mulde zwischen ihren Schlüsselbeinen erreichte schöpfte sie Luft. Ihr Körper verlor schlagartig jegliche Anspannung, ihre Beine knickten ein, und nur die Wand in ihrem Rücken verlieh ihr ausreichend Stabilität, um nicht einfach umzufallen, sondern am Gemäuer herab nach unten zu sinken. Die zierliche Elfe war kaum mehr als ein einsames Häuflein Elend in der Dunkelheit, welches jetzt endlich - allein und unbeobachtet - erst begriff, was in den letzten Minuten geschehen war.

    Die willkommene, erleichternde Hitze von Tränen sprang ihr in die Augen, und für einige Zeit - Stunden gefühlt - gab es nichts als dieses salzige Meer.

    Und dann war da.. mehr. Als hätten warme, helle Fingerspitzen ihre Seele berührt wie Wasser in einem Teich. Die Wellenberge waren hoch an diesem Berührungspunkt und breiteten sich konzentrisch von dort aus, wurden flacher, zärtlicher, und erreichten jeden Winkel ihres Körpers und ihres Ichs. Sie fühlte sich leichter, je weiter diese Ausbreitung um sich griff und sie ausfüllte. Der Berührungspunkt wurde heller vor ihrem inneren Auge, hätte sie längst blenden müssen, tat es aber nicht. Stattdessen wurde der Punkt größer, wärmer, und die Berührung ähnlich sanft und schützend wie von der Hand einer Mutter. Noch immer flossen Tränen über ihre Wangen, allerdings änderte sich die Ursache dieser, sodass es nun.. Freudentränen waren? Ihre Haut begann, vor Energie zu prickeln und es fühlte sich an, als würde pures Licht aus ihr heraussickern, um eine Art Kokon um sie herum zu schaffen. Als sie diese Form erkannte öffnete sie blinzelnd die Augen - und traute kaum dem was sie sah!

    Dieser Teil der Kanalisation sollte stockfinster sein, war es aber nicht. An den Wänden tanzten Schatten, weil... weil es den Kokon wirklich gab! Er umgab sie wie eine Aura, flimmernd, als wäre er nicht mehr als eine optische Täuschung und war doch ganz unzweifelhaft hell und vorhanden. Mit dem Staunen eines unschuldigen Kindes hob sie vorsichtig die Hand, hielt zögernd inne, rang mit sich, und berührte schlussendlich doch die Barriere fast schüchtern von innen. Sie war nicht materiell, sondern wie ein kaum spürbarer Schleier, durch welchen ihre Finger glitten, und welcher an der durchdrungenen Stelle noch etwas heller aufleuchtete, als würde ihre Berührung ihn mit Licht speisen. Dann wurde er langsam blasser, wie eine Melodie, die einen in ihren Bann gezogen hatte und dann nach und nach ruhiger und leiser wurde, ehe sie verklang. Und auch wenn da nun wieder Dunkelheit um sie war, so blieb doch ein Teil des Lichts in ihr, als ruhender Quell von Kraft und Energie. Und erst später würde sie begreifen, welchen Namen dieses Licht trug: Es war Hoffnung.

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  • Dalaran, 09. Tag im 11. Monat

    Noch einmal prüfte sie gründlich ihr Gepäck, um auch ja nichts zu vergessen, ehe sie den Raum verließ und leichtfüßig die Stufen zum Gasthaus hinunter sprang. Die Hoffnung beflügelte sie förmlich, und so sah man auf den Zügen der Sin’dorei ein strahlendes Lächeln, was im krassen Gegensatz zu ihrer sonstigen Zurückhaltung stand. Der Gastwirt erhielt ein exorbitantes Trinkgeld zusätzlich zur Miete für das Zimmer und wurde für einen Moment von ihr noch in ein sympathisches Geplauder verwickelt.

    Dieses endete abrupt, als zwei Tauren in die Tür traten. Zuerst nahm sie diese nur aus dem Augenwinkel wahr, doch war da etwas, was sie ihren Blick gänzlich zu den Neuankömmlingen wenden ließ – ein Wiedererkennen. Die beiden salutierten zackig, ehe der eine das Wort an sie richteten: „Gut dass ihr direkt reisefertig seid, Hochexekutorin. Wir haben bereits die Portalnutzung gebucht.“

    „Die... Portalnutzung?“ Sie konnte die vollkommene Verwirrung in ihrer eigenen Stimme hören und hasste sie im gleichen Moment.

    „Natürlich, für die Rückkehr nach Schattenfang.“ Der Taure wirkte ebenfalls eine Spur irritiert, hatte sich jedoch wesentlich besser im Griff gegenüber einer Vorgesetzten. „Alle Gardisten wurden zurückbeordert, in wenigen Minuten brechen wir auf.“ Fügte er noch an, auch wenn die Information eigentlich redundant war.

    Siedendheiß fiel Oryczy das Schreiben ein, hochoffiziell mit dem Siegel der Garde, welches sie einfach ungeöffnet in ihrem Gepäck mit verstaut und seitdem nicht mehr angefasst hatte. Ihr Körper spannte sich kurz an, dann bezwang sie den kindischen Impuls einfach wegzulaufen und hob das Kinn. „Warum steht ihr dann hier noch so herum? Gehen wir.“ Sie machte mit der Hand eine Geste als wolle sie die beiden davonscheuchen.

    Als diese sich endlich umwandten zum Gehen atmete sie geräuschlos auf und unterdrückte ein Würgen. Die Übelkeit in ihrem Magen überstieg fast das erträgliche Maß. In Gedanken ging sie blitzschnell ihre Optionen durch. Wie bestrafte die Garde gleich nochmal Befehlsverweigerung? Sie ballte beide Hände zu Fäusten, drückte die Nägel schmerzhaft in ihre Handflächen und folgte den Gardisten. Zwangsläufig. Krank vor Sorge, sie könnte dieses wichtige Treffen verpassen. Sie würde bei ihrer Ankunft umgehend eine Nachricht an den vereinbarten Treffpunkt bringen lassen, dass sie auf Burg Schattenfang weilte. Wenn diese denn nur nicht zu spät kam…

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  • Burg Schattenfang, Silberwald, 15. Tag im 11. Monat

    Sie konnte auf Burg Schattenfang einfach nicht schlafen.

    Nicht nur, dass der Wind heulend ums Gemäuer zog, es war auch unangenehm kalt. Ihr Empfang auf der Burg war eher zurückhaltend verlaufen, und es hatten sie fast ausschließlich neue Gesichter begrüßt. Schmerzlich hatte sie Calaverita und Sasoi vermisst, als sie die Küche und den Heilerflügel inspiziert und sich von Maryka in alle Vorgänge des Burglebens einführen lassen hatte. Als private Räumlichkeit war ihr eine kleine beengte Kammer zugewiesen worden, die aus kaum mehr als einem schmalen Bett, einem wenig vertrauenserweckenden Schrank und einem einfachen Holzstuhl bestand. Es wirkte auf sie wie eine Bestrafung, ob es das tatsächlich war konnte sie noch nicht einschätzen. Eigentlich hatte sie den Befehl zur Rückkehr nicht missachtet, sondern ihn nur.. verspätet ausgeführt. Dennoch hatte offenbar keiner mit ihrer Rückkehr geplant, und wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre sie längst zurück im Grün des Jadewalds statt… hier. Der Gedanke die Garde dauerhaft zu verlassen war sehr präsent, und sie verbrachte viele Stunden damit zu ergründen, warum sie diesen Schritt nicht gehen konnte – nicht gehen wollte.

    An den Ratssitzungen ließ sie weiterhin Maryka teilnehmen und die neue Kommandantin der Garde – Joephi Delacroix – hatte sie bis dato noch nicht um eine Unterredung gebeten. Also verbrachte sie die Tage meist an der Seite der stellvertretenden Versorgungsoffizierin, deren Warmherzlichkeit und Freundlichkeit ihr bisweilen wie ihr einziger Lichtblick erschien.

    Wenn sie nur schlafen könnte... das Vorhaben mit einem Seufzen nach nur kurzer Zeit aufgebend erhob sie sich aus dem Bett, hüllte sich in einen wärmenden Umhang, zog Stiefel an und trat hinaus auf die Wehrmauer der Burg. Es war spät, alle Trainings beendet, und nur noch die Nachtwache anwesend, welche sich planbar an den Zinnen entlang bewegte und den Blick stets nach außen richtete. Sie hatte jene Stelle gewählt, welche sich nach vielen schlaflosen Nächten als genau die herausgestellt hatte, an der man die meiste Zeit unbeobachtet war.

    Genau dort… begegnete sie einem Geist.

    Und konnte viel später endlich zum ersten Mal wirklich gut schlafen.

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  • Burg Schattenfang, Silberwald, in der Woche des 10. Gardejubiläums

    Je länger Oryczy wieder zurück im Hauptquartier war, umso mehr übernahm sie ihre alten Aufgaben. Allerdings hatte sie anders als früher nun eine tatkräftige Unterstützung, welche Raum für etwas mehr Freizeit – und damit privater Angelegenheiten oder größerer Projekte ließ. Das erste dieser Projekte betraf die Quartiere der Offiziere – sowohl die Aufteilung, als auch den Schutz dieser.

    Nachdem sie sich einen Überblick über die entsprechenden Räume verschafft hatte begann sie, sich mit Magiern der Garde zu beraten und einen Plan für eine Art Schallschutz zu entwickeln. Der Gedanke dazu kam ihr bei der Begegnung mit einem gewissen Geist. Der Schallschutz sollte in erster Linie Spione abwehren, sowohl jene aus den Reihen der Horde wie auch der Allianz – oder von Sylvanas selbst. Auch die Kommandantur mit ihren Schreibräumen und dem Beratungssaal würde eine angemessene Abschirmung erhalten, sodass von innen kein Ton nach außen drang, sehr wohl aber der Ton von draußen nach drinnen. Zufrieden ging sie die Skizzen der Grundrisse durch, während Maryka ganz in den Vorbereitungen zur Jubiläumsfeier aufging. Vorräte für ein rauschendes Fest wurden bestellt und teilweise auch von den Gardisten besorgt, und bald pirschten Vulpera geschickt über die Zinnen um die Dekoration zu befestigen.

    Am Abend vor dem Fest geschah dann etwas, was Oryczys Situation erheblich beeinflussen sollte: Kommandantin Joephi schickte nach ihr. Kurz ging die Sin’dorei alle Möglichkeiten durch, die die Kommandantin von ihr wollen könnte. Die Vorbereitungen für den morgigen Tag waren abgeschlossen und die Pläne für die Schalldämpfung waren vom Rat abgesegnet worden. Abgesehen davon hatte sie sich nach außen hin absolut korrekt verhalten, wenn sie auch etwas kühl wirken mochte. Was konnte Joephi wollen? Die Tür schloss sich hinter den beiden, und dann geschah lange Zeit nichts.

    Als sie sich wieder öffnete, war ein äußerst zufriedenes Lächeln auf Oryczys Lippen. Es wirkte dort fremd für jene, denen sie auf dem Weg in ihre enge Kammer begegnete, ein Gardist sprach sie sogar darauf an. Sie wies die Frage jedoch mit einem lapidaren Kopfschütteln ab und setze ihren Weg fort.

    In den folgenden Tagen wurde eine schwere Truhe durch die Gänge der Burg transportiert, hinauf zu einem der Turmzimmer, welches einen sehr kurzen Weg zum Wehrgang hatte, wie auch einen kleineren Nebenraum, der rein als Schlafraum fungieren würde. Es gab sogar einen großzügig dimensionierten Kamin. Zudem war dieser Turm einer der ersten, deren Räume nun mit dem komplizierten Schallschutz-Zauber versehen wurden. Nach und nach würden alle besprochenen Räume in dieser Hinsicht nachgebessert werden.

    In ihrem neuen Turmzimmer nahm Oryczy sich als erstes sehr gründlich alle Personalakten vor und brachte sich zunächst umfassend auf den neuesten Stand was die Mitglieder der Garde betraf. Die ein oder andere Notiz zu Wiederkehrern und Ablehnungen ließ sie die Stirn runzeln. Dann kamen die Verlustmeldungen und zum Schluss die Vermissten. Bei diesen fügte sie einen Vermerk sowie ein Schreiben der Kommandantin persönlich hinzu und ergänzte eine Notiz zur Rehabilitierung. Das Lächeln auf ihren Lippen dabei war sehr selbstzufrieden, allerdings hatte es auch einen harten, berechnenden Zug.

    Zum Abschluss ihrer Arbeiten setzte sie einen Brief an die Sonnengleiter-Geschwister auf, um sie über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Dann lehnte sie sich zurück, sah vom Schreibtisch durch den Raum, erhob sich, und schürte das Feuer, um einen ausnehmend warmen Abend zu genießen.

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  • Der Brief war offen einsehbar, wie es all die knappen Nachrichten der Garde waren, die keinen sensiblen Inhalt hatten. Die Nachricht von den Ereignissen in Dalaran hatte das Hauptquartier erreicht, und die Versorgungsoffizierin verfasste Botschaften, bis ihr die Hand fömlich ab fiel. Jener Brief war darunter welcher seinen teils magischen Irrweg auf den neuen Kontinent nahm, und dort von Hand zu Hand gereicht wurde, bis er - hoffentlich - die richtige Empfängerin fand.

    In sauberer Handschrift konnte man darin eine übliche, knappe Statusabfrage lesen:

    Jiastanna,

    Bitte gib mir ein Schilderung deiner Situation und liste mir auf, was du benötigst.

    Oryczy

    Versorgungsoffizierin Sylvanas Garde

    Die Nachricht war unterkühlt, strategisch, effizient.

    Der Subtext.. war eine innige Bitte um ein Lebenszeichen. Nur die Tatsache, dass solche Aufforderungen selten persönlich adressiert waren, war ein Hinweis. Oryczy hatte diese Botschaft als eine der ersten verfasst, und etwas nahezu gleichlautendes auch an Aradil versandt. Nun harrte sie auf Antwort und vergrub sich in Arbeit, um die Sorge zu verdrängen..

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