- Offizieller Beitrag
Inhaltsverzeichnis
-kurz vor dem Angriff auf Dazar'alor-
Heimat
„Der Brief stammt direkt von Pestrufer“ zischte der Bote leise, als er Veneanar ein Schreiben auf den Tisch warf. Er verschwand so schnell und kaum bemerkbar wie er im Büro des Kommandanten erschien. Der Kommandant legte das Soldbuch beiseite, welches er eigentlich schon längst hätte abzeichnen sollen, und fast genau mit dem Trommelschlag der ersten Nachtstunde begann er zu lesen.
„Herr Falkenbann!“, begann Veneanar zu lesen und sofort regte sich Unmut. Er hatte diesen Namen doch lange abgelegt, war nur noch als Hauptmann später dann als „der Kommandant“ bezeichnet worden. Wütend verkrampfte er seine Faust. Auf Pestrufer war er noch nie gut zu sprechen gewesen und nun dieser Affront.
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„Ich übermittele Euch diese Zeilen voller Sorge über Eure jüngste Bitte, die Garde aus dem Konflikt herauszuhalten. Es ist nicht das Versagen unserer Herrin, dass Ihr Gleichheit, Gerechtigkeit und Frieden in einer vereinten Horde unter Sylvanas versprochen habt und erst recht nicht, dass Ihr den Weg dorthin nicht erkennt.
Euren kurzsichtigen Protest gegen den Angriff auf Teldrasil habe ich wegen Eurer bewegenden öffentlichen Ansprache nie weitergeleitet, mir schien Ihr hättet nur für einen Moment den Blick für das Wesentliche verloren.
Hätte ich Eure Feigheit besser früher erkannt, Euren niederträchtigen Verrat an den Plänen unserer Herrin früher aufgedeckt, dann hätten wir angemessener Verfahren können.
Unserer Herrin ist überdies selbst mit wichtigerem beschäftigt, Ihr spielt nun keine Rolle mehr. Dennoch lässt Sie Euch folgendes übermitteln:
Ihr bittet um die Entbindung der Pflichten der Garde? Ihr wagt es an dieser Stelle unseren gemeinsamen Weg zu verlassen?
Nun, Ihr sollt Euren Wunsch erfüllt bekommen. Die Garde war ohnehin nur ein Werkzeug um die Horde zu vereinen. Inzwischen kann ich auf Euch und Eure Söldner verzichten, mir bleibt die ganze Horde! Ihr seid nur ein lästiges Insekt, welches man verjagt.Und genau das ist der Preis für Eure Abkehr: Flieht! Flieht und lasst Euch nie wieder Blicken!
Die dunkle Fürstin entlässt Euch hiermit aus Eurem Dienst. Als Lohn für Eure Taten überlässt Sylvanas Euch einige Ländereien in Nord Gilneas und erhebt Euch als Freiherr in den Adelsstand. Ihr wüsstet diese Geste zu schätzen, meiner Meinung nach habt Ihr Euch das verdient.
Glückwunsch Lordkommandant! Ein prächtiger Titel! Ein Kommandant ohne Armee, ein Adliger mit entsprechenden Verpflichtungen aber ohne Mitteln diesen nachzukommen. Und nicht zu vergessen: Eure „Untertanen“: Viel Glück mit diesen abscheulichen Kreaturen und dem verheerten Land.
Lasst Euch an dieser Stelle versichern: Kommt Ihr den Wunsch unserer Herrin nicht unverzüglich nach, werde mich Euerer Garde persönlich annehmen, Offizier für Offizier.N. Pestrufer
„Eine Frechheit! Ich und Adel? Und dann auch noch Gilneas? Bei diesen Halbwesen, die ständig rebellieren? Wahrlich ich weiß das ganz genau zu schätzen.“ fluchte Veneanar leise und rief dann nach seinem Sekretär. „Coldron!“
Doch der Sekretär kam nicht. „Tesur!“ rief Veneanar nach seinem Wachoffizier. „Wo ist Coldron?“ blaffte er den Tauren an, kaum dass er die Tür geöffnet hatte. „Ich habe ihn seit vielen Stunden nicht gesehen“ murmelte der große Wachoffizier leise. „Dann geh in seine Kammer und schau nach wo er ist.“
Als Tesur auch nach mehreren Minuten nicht wiedererschien, machte sich der Kommandant selbst auf den Weg. Tesur stand vor der geöffneten Tür zum Sekretariat und starte auf den Goblin, der zusammengesackt und regungslos auf seinem Stuhl kauerte. Eine überraschend große Blutlache unter ihm.
Veneanar wurde blass und hielt kurz inne. So viele Jahre, fast eine Dekade stand dieser Goblin nun in den Diensten der Garde. Treu ergeben. Begleiter durch dunkle Zeiten aber auch großen Momenten. Der Elf verharrte in seinen Gedanken an die letzten Jahre. Gut waren sie. Trotz Schwierigkeiten. Sehr gut waren sie.
Eine Bewegung in den Schatten, ein leichter Wind in den schweren Vorhängen riss ihn aus seiner Starre. „Holt meine leichte Rüstung etwas Proviant und sattelt mein Pferd“ sprach er Tesur an, der zusammenzuckte und sich scheinbar mühsam auf den Weg machte.
„Es bleibt keine Zeit, es bleibt einfach keine Zeit“ wie ein Mantra wiederholte er diese Worte, denn all die Jahre der Sorge, die sich in mit der Zeit in Paranoia verwandelte, brachen plötzlich über ihn herein. Getrieben wie ein Tier, gehetzt wie Beute, Angst um alles was im Lieb und Teuer war. Mechanisch packte das was ihm gerade einfiel. Im letzten Moment plünderte er noch seine Goldtruhe – viel hatte sich nicht angespart. Dann rannte er panisch durch die Korridore.
Tesur wartete mit den Reittieren. Zwei Reittieren. Veneanars Skeletpferd und Tesurs Kodo, der kaum unter dem Berg an Säcken, Planen und Kisten zu erkennen war. Der Anblick des verschnürten Tieres ließ den ehemaligen Kommandanten kurz schmunzeln und die Erinnerung an unbeschwerte Zeiten holte ihn für einen Moment in das Hier und Jetzt zurück. „Tesur, du bleibst“, flüsterte er. „Nein, ich begleite Euch. Immer. Wohin Ihr auch geht“ – „Diesmal ist es etwas anders. Gefährlich. Ohne Rückkehr.“ – „Ich komme mit Euch, Kommandant“ beharrte der Taure. „Du verstehst nicht, ich bin nicht länger Kommandant. Und du begibst dich in große Gefahr, wenn du bei mir bleibst. Hier bist du in Sicherheit. Beschütze die anderen Offiziere! Das ist ein Befehl!“ – Tesur dachte einen Moment nach. „Nicht mehr der Kommandant, wie? Dann muss ich nicht gehorchen“. Veneanar verzweifelte, er hatte keine Zeit sich mit Tesur auseinanderzusetzen. Er wurde lauter und Angst schwang in seiner zitternden Stimme: „Bleib. Das ist mein letzter Befehl.“ Tesur ignorierte den Blutelf und kletterte auf den Kodo. „Du sollst bleiben!“ Aus Angst wurde Wut und Veneanar fasste an sein Schwert. Doch auch Tesur wurde langsam wütend. Es war seine Aufgabe den Kommandanten zu schützen. Schon immer. Er schaute auf seinen alten Herrn und erwiderte zornig: „Hast du vergessen, was du meiner Mutter versprochen hast? Du gehst nicht ohne mich“.
Die große Trommel im Tal der Geister schlug zur dritten Morgenstunde als sich Veneanar ein letztes Mal umsah, sich an die vielen wunderbaren Begegnungen erinnerte. Mit tränennassen Augen verschwanden beide schließlich in der Dunkelheit.