Ich glaube, das Kernproblem, dass zwischen den Seiten hier steht, ist die Tiefe der Immersion (oder ob Leute überhaupt Immersion spüren wollen). Wenn ich beispielsweise, trotzdem ich Horde spiele, rollenspielerisch einen relativ guten Charakter spiele und will mich jetzt gerade in den reinversetzen, kriege ich die Saurfang-Krise. Ich versuche mich also, in eine moralisch halbwegs integre Person hineinzuversetzen, und sehe, wie meine oberste Vorgesetzte eben mal so nicht nur einen Haufen Zivilisten verbrennt, sondern auch in volldämlicherweise (grade wenn ich Druide bin, sollte das mein Herz brechen) der ohnehin schon angeschlagenen Frau Azeroth einen Weltenbaum wegbrennt.
(Ich bitte, an dieser Stelle nicht mit den Spielmechanik-bedingten Massenmorden zu kommen, wenn wir leveln wollen, können wir nicht anders. Sowas kann man bezüglich des Rollenspiels ausblenden. Ist einfach so.)
Der Effekt kann dabei sogar stark charakterabhängig sein. Ein Beispiel: Yukigami ist ein eher neutraler Charakter, da bei ihr über Moral halt Wissen und Forschung kommt. Die schaute sich das an, was die Sylvanas da gemacht hat, zog folgenden Schlussfolgerung: "Offenbar total durchgeknallt, die Frau", fragte sich kurz, ob sie das mit ihrer Uni in Dalaran auch machen könnte, kam zu nein, zuckte die Schultern und kümmerte sich lieber um ihre Berechnungen als um Genozid. (Kurz, die ignoriert das genauso weg wie es heute jeder mit den Nachrichten tun muss, um geistig gesund zu bleiben )
Wenn ich da aber an meine Orcin denke (Khizra, manche mögen sie aus meinen aktiven RP-Tagen kennen), bin ich wieder in der Garrosh-Situation gelandet. Die ist jung, idealistsisch, Thrall-Fangirl und eigentlich ein schlichtweg guter Charakter. Mit dem Charakter hätte ich die Questreihe nicht gespielt. Anders gesagt werde ich sie auch nie spielen. Da geht meine Immersion an den Arsch. Da will ich diesen Bestandteil des Spiels einfach nicht dahaben. Die Untoten-Schurkin wiederum, die ich schon immer mal hochspielen will, würde das zu gerne spielen. Endlich kriegen die mal aufs Dach! Und meine Hüterin (Hüter der Erde, wenn die noch mehr kennt), würde kotzend in der Ecke stehen und sich in den Zirkel zurückziehen.
Dennoch, all das schaut sich auch der Spieler mit an. Manche mehr, manche weniger distanziert (ich kann mich heute noch an die Überraschung von Isa bei Volterachs Unterstadt-Plot erinnern, dass hinter Yuki und Khizra dieselbe Person stecken, weil die sich so unterschiedlich verhalten haben - deshalb gibt das bei mir den obigen Effekt, dass ich gerade mit Charakteren ein Problem kriegen kann. Viele andere sehen das aber auch als Spieler, der weniger oder mehr mit-"immersiert". Und da kann man sich schon vorstellen, dass das eine moralische Grenze überschreitet, was da grade unser aller Chefin gemacht hat, und zwar für den Spieler, und der sowas nicht spielen will, weil er sich eben auch als Spieler reindenkt. Sowas kann man nicht abschalten, das passiert einfach. Und WoW war nun so lange auf "Kuschelkurs", dass man dieses "Dann spiel kein Kriegsspiel" nicht mehr argumentieren darf. Viele von uns kennen halt nur noch "gemeinsam mit bisschen Rangeleien Böses töten und vielleicht nebenher bisschen Spaß im BG, man steht ja wieder auf und eigentlich hilft man sich ja."
Also Summe: Manche Leute haben mehr Immersionsbedürfnis, sei es spieler- und/oder charakterseitig, was einfach so ist und was bei so krassen Handlungen zu Problemen führt, das sich WoW (in letzter Zeit) sonst immer eher zurückgehalten hat.
Eine Sache als Abschluss: Bitte versucht nicht, auf einer übergeordneten Ebene irgendwie zu rechtfertigen, dass Sylvanas diesen Weltenbaum abgebrannt hat. Es gibt ausnahmslos keine moralische Rechtfertigung, in der das nicht eine abgrundtief böse Handlung ist. Weder als Kurzschlussreaktion wird es besser, noch als "geheime Agenda, es sass eigentlich ein alter Gott im Baum", noch "Nachtelfen sind super wild und böse im Buch!", noch "aber der Hund hat Sylvi gebissen" oder "Malfurion nervt". Auch die Art, wie es ausgeführt wurde, war abgrundtief böse gemäß Video. Das muss man einfach mal so stehen lassen, ist nun passiert, Konsequenzen folgen wohl.
Edith meint: Ich habe übrigens nicht abgestimmt, da keine der Antworten auf mich zutrifft. Ist ein Spiel und sicher nicht uninteressant, so eine moralische Bombe zum Diskutieren reinzuwerfen, aber man hätte das im Spiel mE besser umsetzen können. Sylvanas hätte man ruhig einen Funken mehr Tiefe geben können. Wie es dargestellt ist, ist die einfach wahnsinnig und absolut böse, ohne jeden Differenzierungsansatz. Das ist etwas schade, da Erzählpotential liegen bleibt.