Neralyas Erinnerungsfetzen - Eine kleine Sammlung

  • (Einstiegs-OOC-Blabla: Huhu!
    Ich hab mich - inspiriert durch dieses Unterforum - auch mal an ein bisschen Geschreibsel gesetzt, vor allem zum Zwecke der Langeweilebewältigung, aber auch zugunsten des RP-Hintergrundes meines Charakters.
    Da ich ja nun auf einem RolePlay-Server gelandet bin, könnte man das ja mal ausnutzen, allerdings haben mich die geschichtlichen Hintergründe meiner Blutelfe immer abgeschreckt. Die haben ja idR schon einige Jahre auf dem Buckel und dementsprechend schon einiges erlebt - und da geht doch recht schnell der Überblick flöten.
    Daher hab ich das Leben jetzt im Groben schonmal geplant und möchte die bedeutensten Erlebnisse auch mal niederschreiben :)
    Beginnen wirds vor dem "ersten" Krieg und dann werden so nach und nach bedeutsame Ereignisse (einzelne Tage) abgearbeitet.
    Wenns euch interessiert, würde es mich natürlich sehr freuen, wenn es auch irgendwer liest.
    Ich bin sehr unsicher, was die Lore angeht, hab kein Warcraft gespielt, auch noch keinen Roman gelesen und... ehrlichgesagt... *flüstert* die Questtexte les ich auch nicht alle! *erhebt die Stimme wieder*
    Also falls euch da Schnitzer auffallen, gebt mir bitte Bescheid :)
    Dann behalt ich zumindest für die Zukunft im Hinterkopf, dass da irgendwas schief ist!
    Ansonsten starte ich jetzt einfach mal!)



    Kapitel 1 - Kejael & Ilyreth


    „Wenn du es nur wollen würdest, wäre es gar nicht so schwierig.“
    Neralya zuckte wie ertappt zusammen und sah hoch zu Red’rahl, der sie schon eine ganze Weile zu beobachten schien.
    Eine leichte Röte färbte ihre Wangen und sie nuschelte etwas, was sich nach „...Will doch...“ anhörte und pfefferte das Buch, das sich auf ihrem Schoß befand zur Seite.
    Red grinste angesichts Neralyas trotziger Reaktion. Wahllos griff sie nach einem der anderen Lehrbücher der arkanen Künste, die um sie herum in diversen, ungeordneten Stapeln lagen und blätterte.
    „Hier!“, sagte sie plötzlich entschlossen und beendete ihre kurze Suche. Red zog die Brauen gespannt hoch und wartete ab, was nun folgen sollte.
    Nera schnappte sich einen ebenfalls in Reichweite liegenden Edelstein und platzierte ihn vor sich. Dann hielt sie ihre kleine Kinderhand über ihn und las laut einige der kryptischen Worte von der aufgeschlagenen Buchseite.
    Nichts geschah.
    Missbilligend und trotzig starrte Nera den Stein an, bevor sie sich maulend an Red wandte: „Siehst du! Es klappt einfach nicht.“


    Ohne dessen Antwort abzuwarten, sprang Nera auf und würdigte den Stein – und auch Red – keines Blickes mehr. Stattdessen nahm sie ihre Puppe in den Arm und setzte sich ans Fenster, um sehnsuchtsvoll auf den blauen Himmel zu starren.
    Wenn Red nicht selbst erst so jung gewesen wäre, hätte man seinen ihren Schritten folgenden Blick fast schon als väterlich-liebevoll interpretieren können.
    Er erhob sich ebenfalls von seinem seidenen Kissen, trat hinter das Mädchen und legte seine Hand auf ihre Schulter.
    „Du hast es bisher sechs Mal versucht. Sechs. Mal. Nach dem sechsten Mal hätten es auch deine Eltern nicht geschafft. Wahrscheinlich konnte nicht einmal Prinz Kael’Thas nach seinem sechsten Versuch irgendeine Form der Magie wirken.“, versuchte er sie zu besänftigen.


    Mit geweiteten und feuchten Augen wandte Nera sich schließlich um, aber sie überging seine Beruhigungsversuche.
    „Red, lass uns doch ein wenig spazieren gehen! Es ist sooo langweilig hier oben mit den ganzen Büchern. Und so stickig! Ich bekomme keine Luft mehr! Was wird mein Vater sagen, wenn ich in deinem Beisein ersticke?!“
    Sie griff sich an den Hals und tat so, als würde sie einen Erstickungstod sterben.
    Red grinste, aber sagte nichts.
    Nera beendete ihr künstliches Röcheln und strahlte ihn weiter mit ihren blauen Augen an.
    „Biiitte! Ich möchte so gern den Immersangwald sehen! Und du beschützt mich vor den bösen Luchsen! Abgemacht?“
    „Du weißt doch, dass das nicht geht, Lya“, doch er glaubte nicht, dass Neralya es wirklich verstand.
    Sie war die Tochter von Telrath Sonnenstaub, er selbst war nur sein Lehrling und musste Leistungen nachweisen, um nicht wieder im hohen Bogen aus dem Haus zu fliegen. Und schon gar nicht sollte Red auf die Idee kommen, mit der Tochter seines Meisters außerhalb Silbermonds spazieren zu gehen.
    Red seufzte und versuchte Neras weinerliches Piepsen und Bitten zu ignorieren.


    Er nahm den Edelstein auf, den Nera natürlich nicht hatte transmutieren können - keine Hochelfe ihres Alters, noch so talentiert, hätte dies gleich nach den ersten Versuchen zustande gebracht.
    Er betrachtete eingehend die schillernde blaue Farbe des Steins und überlegte, welches Neras liebste Farbe sein könnte.
    Sonnengelb? Rot wie die Dächer der Stadt? Himmelblau?
    Er würde den Stein in einen Kristall in der schönsten Farbe transmutieren und darauf hoffen, dass auch die vollzogene Magie Neras Forscherdurst stillen konnte. Besonders viel sah das Mädchen nicht von der Welt, da gab er ihr Recht. Aber wer wollte das schon? Sie verfügte schließlich das Privileg, in Silbermond leben zu können.
    Wenn er ihr nur die Schönheit der magischen Transmutation näher bringen könnte… Vielleicht wäre sie dann nicht so unglücklich über ihren Unterricht.


    Bereits ihr Vater hatte dem Unwillen des Mädchens hilflos entgegengestanden. Eigentlich war Neras Lustlosigkeit der einzige Grund, warum Red seine Lehre bei Telrath antreten konnte.
    Ihr Vater hatte gehofft, ein Gefährte mit einem nicht ganz so großen Altersunterschied würde ihr zu mehr Freude am Studium verhelfen.


    Doch offensichtlich…


    Gedankenversunken drehte er sich um, und wollte Nera die Transmutation des Edelsteins vorführen.
    Ein grüner Kristall, das wäre gewiss pass- KLONG.
    Red ließ vor Schreck den Stein fallen.


    Nera saß nicht mehr am Fenster.
    Sie und ihre Puppe waren verschwunden.

  • Neralya war erstaunt, wie einfach sie an Red vorbeigeschlüpft war. Er hatte einfach auf diesen garstigen Stein gestarrt und sie war hinter seinem Rücken auf Zehenspitzen zur Tür hinausgeschlichen.
    Es war nicht einmal ein ausgeklügelter Plan nötig gewesen, sie hatte einfach die Gunst der Stunde genutzt. Ha! Hätte sie bloß früher gewusst, wie leicht dies sein würde!


    Wenigstens eine Begabung, über die sie verfügte. Das kleine Mädchen war sehr geschickt darin, nicht aufzufallen und keine Geräusche zu machen. Nicht einmal ihre Eltern bemerkten es, wenn sie des Nachts noch durchs Haus schlich und ihren geheimen Vorrat an Manakeksen aufstockte.


    Von Red hätte sie aber mehr Achtsamkeit erwartet. Schließlich hatte er aus irgendwelchen Gründen eine furchtbare Achtung vor ihrem Vater.
    Sobald sie ihm drohte, sie würde irgendetwas ihrem Vater erzählen, gab Red klein bei.
    Das raubte dem ganzen beinahe den Spaß. Beinahe.


    Sie blickte zurück zu ihrem Elternhaus am Ende der belebten Straße und wurde auf einmal von Gewissensbissen geplagt. Was, wenn Red nun wirklich Ärger bekäme?
    Kurz überlegte Neralya, einfach zurückzulaufen und sich bei Red zu entschuldigen.
    Sie wusste zwar nicht, warum er überhaupt bei ihnen zuhause eingezogen war, doch in der kurzen Zeit, die er nun mal da war hatte sie ihn bereits sehr liebgewonnen.
    Auch wenn er oft ziemlich langweilig war.
    Und er verbrachte eindeutig zu viel Zeit mit Lesen und solcherlei zeitfressenden Dingen.
    Dennoch sollte er keinen Ärger bekommen. Schon gar ihretwegen.


    Nera hielt einen Moment inne, doch lief weiter, die Hand fest um den Arm ihrer Puppe geklammert.
    Nun war sie schon so weit gekommen, das musste sie ausnutzen.
    Sie schob die Gedanken an Red beiseite und bahnte sich ihren Weg an den Beinen der erwachsenen Elfen vorbei, über die breiten Straßen von Silbermond.
    Es war viel los, an jeder Ecke wurde gehandelt, geplaudert und gelacht.
    Hinzu kamen all die sich durch Magie bewegenden und kreisenden Dinge, Besen, welche die Straßen rein und sauber hielten, Blumentöpfe, dekorativer Kitsch. Alles schien voller Leben.


    Einige der Hochelfen blickten ihr verwundert nach, doch niemand ließ sich dazu herab, das Mädchen nach ihren Eltern oder ihrem Ziel zu fragen.Wahrscheinlich wollte sich niemand den Tag mit solcherlei Ärgernissen verderben. Und was sollte auch schon Schlimmes mit dem kleinen Mädchen passieren?
    Dies war schließlich Silbermond, die Hauptstadt der Hochelfen und damit quasi die Hochburg der arkanen Magie, zumindest in den Augen ihrer Einwohner.


    Selbst an den Wachen der Tore kam Nera unbehelligt vorbei, auch wenn ihr Herz so laut wummerte, dass es Nera so vorkam, als müsse jeder ihre Aufregung hören und sie als Ausreißerin enttarnen können. Doch nichts dergleichen geschah.
    Die letzten Schritte führten Neralya über eine Brücke, die über einen Graben führte, der die Stadt umgab. Gesäumt von kunstvoll gestalteten Hecken und schwebenden Blumentöpfen erinnerte auch hier draußen noch alles an die Liebe zum Prunk und an die arkane Affinität der Hochelfen.
    Dann stand sie vor den äußeren Mauern Silbermonds und sah zum ersten Mal die Bäume des Immersangwaldes. Die kleine Hochelfe blieb stehen und sah sich staunend um.


    Ihre Puppe an die Brust gedrückt, wanderte sie die befestigten Wege entlang und achtete darauf, in der Nähe der Stadtmauern zu bleiben, um den Weg nach Hause später wiederzufinden.
    Sie würde ja nicht lange fort sein, am besten schaffte sie es, noch vor ihrer Mutter zurück zu sein. Dann konnte sie so tun, als hätte sie den ganzen Tag mit dem Studium arkaner Magie verbracht.
    Und Red würde keinen Nachteil haben. Vielleicht würde er das nächste Mal sogar mitkommen…


    Plötzlich ertönte ein Pfeifen neben Neralyas Ohr und nur einige Schritte vor ihr landete eine Art Stock mit einem gepolstertem und einem mit Federn geschmückten Ende. War das ein Pfeil?
    Nera erinnerte sich an Mutters Geschichten über die Weltenwanderer, Waldläufer, die mit solchen Stöcken ihre Gegner besiegten!
    Hatte jemand sie, Nera, besiegen wollen?
    War es hier draußen vielleicht doch gefährlich?


    Zögerlich und ganz vorsichtig wollte sie sich dem Pfeil nähern, als -
    „Ohje! Oh Nein! Verzeihung!!!“
    Neralya wandte sich um. Ein Hochelfenmädchen, nur ein wenig älter als sie selbst, rannte auf sie zu, weiterhin ihre Entschuldigung kundtuend.
    In ihrer Hand hielt sie einen gebogenen Ast, gespannt mit einer Art Schnur, Genaues erkannte Nera auf die Entfernung nicht.
    „Woah, tut mir echt leid, habe ich dich getroffen?“, plapperte das Mädchen los, als sie vor Nera stand, „Ist mir so ausgerutscht. Ich übe noch.“, erklärte sie ganz lässig, nachdem sie erkannte, dass der Pfeil keinen Schaden angerichtet hatte.
    Neralya starrte sie ehrfürchtig an. „Bist du eine Waldläuferin?“
    Plötzlich erklang ein lautes Knacken aus einem auf einer Anhöhe gelegenem Gebüsch, gefolgt von einem Aufschrei und einem recht lauten Aufprall.
    Dann kugelte ein Blutelfenjunge aus dem Gebüsch heraus und landete stolpernd vor den beiden Mädchen. „Arghhh…


    DAS ist mein Bruder.“, sagte das fremde Mädchen mit einem leicht bedauernden Unterton.
    „Eigentlich wollte ich ihn treffen. Mit dem Pfeil.“ Es war also tatsächlich ein Pfeil.
    Dann musste die Fremde eine Waldläuferin sein! Aber - …
    „Warum willst du deinen Bruder töten?!“, fragte Neralya entgeistert.
    Das Mädchen brach in schallendes Gelächter aus und auch ihr Bruder, der sich inzwischen erhoben hatte, grinste breit.
    „Das ist Spielzeug.“, wurde Nera aufgeklärt. „Damit kannst du nicht einmal Kejael töten. Er bekommt höchstens ein paar blaue Flecke.“
    „Oh“, sagte Nera und verbarg ihr Spielzeug, die Puppe, hinter ihrem Rücken.
    Ein Bogen war ein deutlich besseres Spielzeug.


    „Also, das ist Kejael, ich bin Ill, Grüße“, stellte das Mädchen sie an Nera gewandt vor, blickte aber gleich darauf zu ihrem offensichtlich jüngeren Bruder. „Was hast du da oben in den Sträuchern bloß getrieben?“


    Er hielt seine Hand hoch und offenbarte seine Handfläche. Darauf lag eine große, rote und wunderschön glänzende Blüte.
    Kejael war sichtlich stolz auf seinen Fund.
    „Ahja“, sagte „Ill“ trocken.
    Kejael drehte sich daraufhin zu Neralya und bot ihr die Blume an. Auch wenn sie gerne ebenfalls so gelassen und unbeeindruckt reagiert hätte wie seine Schwester, konnte sie ihre Entzückung nicht verbergen und nahm die Blüte sichtlich dankbar entgegen.
    „Ohhh, ist die schön!“, freute sie sich, „Vielen Dank.“
    Sie verneigte sich auf die Art, die ihre Mutter sie gelehrt hatte.


    „Ich bin Neralya.“, nutzte sie Ills augenverdrehendes Schweigen, um sich ebenfalls vorzustellen und steckte sich die Blüte hinter ihr langes Elfenohr.

  • Einige Zeit später streifte Neralya noch immer mit dem Geschwisterpaar durch den Immersangwald.
    Luchse hatte sie noch keine gesichtet, dafür hatte Kejael ihr bereits einige der schönsten Pflanzenarten der Umgebung gezeigt. Er kannte sich gut mit Pflanzen aus und Neralya hing ihm jedes Mal an den Lippen, sobald er sein Wissen teilte, wenn es auch nur die Namen der jeweiligen Blumen waren.
    Ill, die eigentlich Ilyreth hieß, hatte schnell erkannt, dass Nera „offensichtlich eine Stadtelfe“ war und daraufhin mit einer Mischung aus Neid, Argwohn und Bewunderung reagiert, ohne den Versuch, eine dieser Emotionen zu verbergen.
    Wenig später hatte sie sich aber bereits unter Neras Arm eingehakt und davon gesprochen, dass sie beide zusammen unbedingt den Basar von Silbermond besuchen mussten. Im Gegenzug dafür brachte Ill ihr das "Bogenschießen" bei, wenn auch nur mithilfe ihres Spielzeugbogens mit seinen stumpfen Pfeilen und deren gepolsterten Spitzen.
    So jagten die Mädchen abwechselnd den armen Kejael mit ihren Pfeilen, bis er mit neuen Blüten „sein Leben erkaufte“.


    Ilyreth übernahm den Schutz von Neras Puppe, wann immer diese mit Schießen an der Reihe war. Ill fand die Puppe wunderschön und Neralya war glücklich, dass ihre geliebte Puppe kein vollends peinliches Spielzeug abgab – im Gegenteil.
    In Ruhepausen ließ Ilyreth die Puppe tanzen und sang dabei mit ihrer wunderschönen Stimme thalassische Lieder.
    Neralya erinnerte sich nicht mehr, wann sie zuletzt soviel Spaß gehabt hatte. Wahrscheinlich noch nie zuvor in ihrem Leben.


    Daher vergaß sie auch die Zeit und schließlich waren die drei Hochelfenkinder - im Spiel vertieft - am Strand gelandet.
    Neralya sah – und hörte – in diesem Augenblick zum ersten Mal das Meer.
    „Ohhhh!“, staunte sie und stand wie angewurzelt mit offenem Mund da.
    Ilyreth schenkte ihr kurz einen sehr verwirrten Blick, doch dann verstand sie.


    Sie legte Bogen und Puppe an eine sichere Stelle, griff dann nach Neras Hand und riss sie mit, als sie im nächsten Moment freudig kreischend losstürmte und dem Meer entgegenrannte, Nera immer knapp hinter ihr.
    Kejael folgte den beiden lachend – ins kühle Nass. „Ihhh, Kalt!“, quietschte Nera erschrocken, doch Ilyreth spritzte sie nur noch weiter nass. „Wozu haben wir denn ewigen Frühling hier?“, fragte sie grinsend „Stell dich nicht so an!“
    Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis sie sich an die Temperatur des Wassers gewöhnt hatten und ihre Spiele fortsetzten. Kejael weitete sein Beuteschema aus und tauchte zwischendurch immer wieder nach Muscheln.


    „Siehst du den Turm dort am Horizont?“, fragte Ilyreth Nera aufgeregt.
    „Das ist der Windläuferturm. Dort lebt die Windläuferfamilie! Du hast bestimmt schon von den Windläufer-Schwestern gehört, allesamt begabte Waldläuferinnen!“
    Nera beäugte interessiert Ills glänzende Augen, sie schienen noch heller zu leuchten als sonst.
    Ilyreth löste nach einer Weile den sehnsuchtsvollen Blick vom Turm und wandte sich wieder Nera zu.
    „Wenn ich erwachsen bin, dann werde ich Waldläufergeneralin!“, erklärte sie selbstbewusst. Ihr Bruder, der gerade prustend aus den Wellen aufgetaucht war, prustete bei diesen Worten noch stärker und Ilyreth strafte ihn mit einem eiskalten Blick.
    „Und du? Du wirst Botaniker, während ich die stolze Anführerin der Weltenwanderer werde!“, machte sich sich über Kejael lustig.
    „Botaniker?“, fragte Neralya verwirrt und interessiert zugleich.
    „Na, so Kram mit Blumen.“, sagte Ilyreth und schloss das Thema damit ab.
    „Irgendjemand muss ja dafür sorgen, dass der Frühling hier ewig währt“, erklärte Kejael selbst mit einem kleinen Lächeln.
    „Was wirst du, wenn du groß bist?“, fragte er dann.
    Neralya stockte. „Magistrix…“, sagte sie, aber bei dem Wort fielen ihr siedend heiß Red, ihre Lehrbücher und ihre Eltern ein.


    Die Geschwister sahen sie beide ziemlich beeindruckt an und löcherten sie mit einigen Fragen, die es aber nicht in Neras besorgten Geist schafften. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sich der Himmel bereits rot färbte und sie ihrem Zuhause bereits viel zu lang ferngeblieben war.
    „…Ich… Ich glaube, ich sollte wieder nach Silbermond zurück.“, stotterte Nera. Doch Kejael und Ilyreth blickten zu ihrer Überraschung nicht enttäuscht oder gelangweilt, sondern verständnisvoll.
    „Oh Weh, wir sind ja echt weit von Silbermond weg geraten.“, sagte Ilyreth und sah zur untergehenden Sonne. Sie bemerkte Neras panischen Blick.
    „Keine Sorge. Unser Heimatdorf ist nicht weit entfernt. Wir borgen uns einen von Mutters Falkenschreitern und bringen dich über befestigte Wege wieder zur Stadt.“, schilderte Ilyreth ihren Plan.


    Der Plan ging nicht vollständig auf.


    Als die drei in Goldnebel, dem Heimatdorf der Geschwister ankamen, erwartete sie bereits eine Hochelfe mit derselben rotbraunen Haarfarbe wie Ilyreth und Kejael.
    Mit in die Hüften gestemmten Armen erwartete die Elfe ihre Kinder.
    „Wo steckt ihr zwei Quälgeister bloß den ganzen Tag?!“, rief sie ihnen entgegen.
    Betroffen schob Ilyreth ihr Kinn nach vorne.
    „Mutter, das ist Neralya! Sie ist eine Magistrix aus Silbermond. Sie ist meine neue Freundin und wird mich Anstand lehren, so wie du es dir immer wünschst!“, säuselte sie und schob Neralya vor sich, wie ein Schild.
    Kejael versuchte, sein Grinsen zu unterdrücken und ahmte Ilyreths betroffenen Gesichtsausdruck nach.
    „Neralya muss jetzt wieder nach Silbermond zurück.“, erklärte Ill, „wir wollten einen Falkenschreiter nehmen, weil…“ – Ilyreth und Kejaels Mutter schüttelte verzweifelt den Kopf.
    „Kommt gar nicht in Frage.“ Die Hochelfe bemerkte die Panik in Neralyas Augen und schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln.
    Ich werde einen Falkenschreiter nehmen und dich zurückbringen.“, sagte sie. Dann wurde ihre Stimme wieder streng.
    „Ilyreth, Kejael, ab ins Haus. Wir reden später.“
    Ilyreth schenkte Neralya zum Abschied ihren Bogen. Sie schien ehrlich traurig über die folgende Trennung zu sein.
    „Du bist echt in Ordnung!“, sagte sie und ging eilig ins Haus.
    Kejael verneigte sich vor Nera, schenkte ihr eine glänzende Muschelperle und wurde ein wenig rot.
    „Es war sehr schön mit dir. Besser als allein mit Ill.“ Er lachte. „Ich hoffe, wir sehen uns wieder!“
    Nera konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr sie diese Hoffnung teilte.


    Die Mutter der beiden, die sich als Ellarie vorstellte, hob sie in den Sattel des purpurnen Falkenschreiters, den sie in der Zeit des Abschieds zwischen den Kindern geholt hatte und nahm hinter ihr Platz.
    Dann machten sie sich auf den Weg.
    Nera blickte zurück und sah die Silhouetten der Geschwister vor der erleuchteten Eingangstür winken. Sie hob die Hand und erwiderte den Abschiedsgruß, bis sie sich durch die vielen Bäume aus den Augen verloren.